Jaja, die sogenannten Millenials und die Generation Y. Kaum eine Generation vor ihnen hatte es so leicht im Leben, war so frei und hatte so eine unzählige Masse an Möglichkeiten vor sich, wie die unsere. Höher, schneller, weiter - bloß nichts verpassen, das ist das Lebensmotto. Dies gilt vor allem im Beruf. Jeder, der länger als maximal zwei Jahre im gleichen Job ist gilt als langweilig und unflexibel, und auf jeden Fall müssen mindestens drei Auslandssemester in Asien und Australien absolviert wurden sein. Dieses Credo spiegelt sich allerdings nicht nur im beruflichen Umfeld wider, sondern auch in den Partnerschaften, die die heutige Generation eingeht - aber, sind das überhaupt noch wahre Partnerschaften?
Wer sich noch an diesen Filmklassiker erinnern kann, wird wohl auch Harrys bedeutungsvolle Worte an Sally niemals vergessen: "Männer und Frauen können niemals Freunde sein - es kommt ihnen immer der Sex dazwischen". Ob er Recht hatte, oder nicht: So selten kommt es gar nicht vor, dass gute Freunde irgendwann miteinander im Bett landen und schon bald die Vorzüge dieser Freundschaft plus zu schätzen lernen.
Es gibt viele Synonyme für Freundschaft plus, Freundschaft mit gewissen Vorzügen, ob Mingle, Friends with Benefits oder klassisch die Sexbeziehung. Meinen alle Begriffe aber dasselbe und das ist vor allem eins: keinerlei Verpflichtungen. In dieser neuen Art von Beziehung zwischen zwei Menschen, wird Zeit miteinander verbracht und Dinge gemeinsam unternommen. Ob kochen, spazieren gehen, Kino, feiern, eine Netflixserie zusammen starten und - ganz wichtig - Sex - all die Dinge, die man geläufiger Weise in einer klassischen Paarbeziehung macht. Doch ein wichtiger Punkt der klassischen Paarbeziehung fehlt hier: Treue & Verbindlichkeit. Keiner der Partner hat Verpflichtungen, außerhalb der gemeinsamen Aktivitäten kann jeder tun und lassen was er will. Keine Rechtfertigungen, keine Verpflichtungen, keine Gefühle. Klingt ja erstmal nach einem Konzept, bei dem sich nur die Rosinen herausgepickt wurden. Aber kann das wirklich funktionieren und ist das gängige Beziehungskonzept einfach überholt? Oder braucht es gerade in der heutigen Zeit, die so unsicher und schnelllebig ist, ein Konzept, das dem entgegenwirkt und auf altbekannte Werte wie Treue und Verbindlichkeit setzt?
Ist man auf der Suche nach einer Freundschaft plus, dann stehen mehrere Wege offen. Über Internet wird man unkompliziert und schnell fündig. Es gibt eine Menge von kostenlosen Websites und Apps, wo man sich registrieren kann, um solche Beziehung zu finden. Dort sind viele nette Menschen online, die keinen Partner, eher einen Freund suchen. "Gewisse Vorzüge" dürfen auch dazu gehören. Was noch von Vorteil ist, man kann beim Anlegen des Profils klar angeben, worauf man eigentlich aus ist. Und man muss auch die Single-Profile mit ähnlichen Interessen durchsuchen. So kann man sich viele Missverständnisse und falsche Hoffnungen ersparen.
Es kann auch passieren, dass man seine Freundschaf plus im echten Leben kennen lernt. Das geht natürlich schwieriger als online mit einer Kontaktanzeige. Im realen Leben hat man meist nur im näheren Freundschaftskreis Chancen, Friends with Benefits zu finden. Noch oft ist es der Fall, dass die Freundschaft plus mit dem Ex fortgeführt wird. Was hat solche Beziehung nach der Beziehung auf sich? Man ist kein Paar mehr, hat aber jedoch Nähe und Sex miteinander. Jeder ist Single nach außen hin und kann sich einen neuen Partner finden.
Was in einer neuen Beziehung erst einmal heikel und mühsam sein kann, bleibt den Protagonisten hier erspart: das gegenseitige Kennenlernen. Mit einem guten Freund - vielleicht sogar der/dem besten - auf die nächste Ebene zu wechseln, kann einfach und einfach wundervoll sein.
Nächster Vorteil: Das lästige Suchen nach einem Date hat ein Ende. Jedenfalls, wenn man die Beständigkeit des Vertrauten dem Prickeln von etwas Neuem, Exotischen vorzieht. Gerade in Zeiten der demonstrativen Unverbindlichkeit in Beziehungen ist ein sicherer Hafen, wo auf Augenhöhe gemeinsam gelacht, geweint und geliebt werden kann, eine attraktive Option.
Streng genommen ist die Variante "Freundschaft plus" also ein Gewinn für beide Seiten. Jedenfalls, solange diese dasselbe wollen und mit dem Ist-Zustand zufrieden sind.
Wer auf der Suche nach der Liebe fürs Leben ist, wird über kurz oder lang mit einer Sexfreundschaft nicht glücklich werden. Wie bei jeder "alternativen" Beziehungsform (Affäre, offene Beziehung, Dreiecksverhältnis etc.) besteht auch hier die Möglichkeit, dass ein Partner mit dem bestehenden Arrangement irgendwann nicht mehr zufrieden sein wird. Sie oder er möchte mehr, möchte aus der "friends with benefits" Variante eine handfeste Beziehung. Wenn ernste Gefühle im Spiel sind, die allerdings nicht erwidert werden, bleibt oft nur ein Ausweg: die Freundschaft plus beenden.
Ähnlich verzwickt kann es werden, wenn sich ein Freund aus dieser Konstellation anderweitig verliebt und sich voll und ganz dieser neuen Beziehung widmen möchte. Zurück bleibt dann oft nicht nur eine ramponierte Freundschaft. Oftmals ist nicht einmal diese mehr zu retten, da Gefühle verletzt und Erwartungen nicht erfüllt wurden. Bevor man also möglicherweise nur aus einer Weinlaune heraus den Moment dazu nutzt, aus Gelegenheit Liebe zu machen, sollte das Kopfkino noch kurz konsultiert werden: Eine Freundschaft plus beenden zu müssen, kann das Ende der Freundschaft sein. Was hier dem Totalschaden einzig und allein vorzubeugen vermag: das Aufstellen von Regeln.
Die goldene Regel des Konzeptes ist: KEINE GEFÜHLE ENTWICKELN. Das stellt die Basis des ganzen dar. Darüber hinaus könnten noch weitere,Unterregeln definiert werden, die sich aber eigentlich schon daraus ergeben, dass in der Beziehung keine Verpflichtungen bestehen. Eifersucht ist also beispielsweise komplett tabu, da sich ja nie auf Exklusivität verständigt wurde - eine wichtige Säule in klassischen Liebesbeziehungen.
Hier nun unsere 5 goldenen Regeln, wie deine Freundschaft plus auf jeden Fall funktioniert:
Sie ist der Dreh- und Angelpunkt in jeder zwischenmenschlichen Beziehung, so auch hier. Wenn Freunde zum ersten Mal die Grenze überschreiten und miteinander Sex haben, sollte im Anschluss ein klärendes Gespräch darüber stattfinden, was das für die Freundschaft bedeutet und wie man in Zukunft damit umzugehen gedenkt. Auch die Erwartungshaltung auf beiden Seiten sollte kurz beleuchtet werden. Wenn eine oder beide Seiten sich mehr davon erhoffen oder sich eine Weiterentwicklung in Richtung Beziehung vorstellen können: umso besser! Wenn nicht, hilft nur eine klare Ansage, oder besser gesagt: Absage. Falsche Hoffnungen zu wecken hat niemand verdient, am wenigsten ein guter Freund.
Nur weil die eine große Grenze mit dem Sprung in die Laken überschritten wurde, bedeutet dies für eure Freundschaft in Zukunft nicht, dass alles erlaubt und erwünscht ist. Wenn ihr euch einig seid, dass es im Prinzip bei einer Freundschaft plus gelegentlichem Kontaktsport bleiben soll, ist klassisches Beziehungsverhalten ein No-Go. Eng aneinander gekuschelt einschlafen oder intime Berührungen bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit sind Tabu. Warum? Je mehr Körperkontakt wir zu einem Menschen haben, desto mehr wird das so genannte Bindungshormon Oxytocin aktiv. Es wird bereits nach zehn Minuten Streicheln, Massieren oder schlichtem nebeneinanderliegen vom Körper produziert und die Blutbahnen ausgeschüttet. Die Folge: Wir fühlen uns verbunden, wir empfinden eine tiefe Nähe, die im Endeffekt aber gar keine ist und gemäß Vereinbarung ja auch nicht sein soll.
Trotz Regeln und Vereinbarungen kann es schon mal vorkommen, dass man im hektischen Alltag die Zügel schleifen lässt. Und, seien wir ehrlich: Sich einmal so richtig gehen lassen, die starke Schulter in ihrer gesamten Bandbreite auszunutzen, lästige Gedanken und die omnipräsente Vernunft einmal ganz elegant zu ignorieren, kann extrem befreiend und heilsam sein. Doch sobald das Blut wieder Richtung Gehirn zirkulieren darf, sollte dieses reaktiviert und konsultiert werden. Ein Eisberg voraus kann sonst schnell übersehen werden.
Auch wenn es wie ein Klischee klingt: Partner*innen kommen und gehen, aber Freunde bleiben fürs Leben. Zumindest dann, wenn man sie gut behandelt und ihren Wert nicht für selbstverständlich erachtet. Wenn die Freundschaft plus auf die schiefe Bahn gerät, lohnt es sich im Zweifelsfall immer, das Plus wieder aus der Gleichung zu entfernen und sich auf den ursprünglichen Wert zu besinnen. Zurück zu den Basics kann das eine oder andere unschöne Gespräch bedeuten, rettet unterm Strich aber die Freundschaft.
Eine Freundschaft plus ist keine Beziehung. Dennoch können sich schnell ganz ähnliche Muster, Abläufe und Automatismen einschleichen, die die ohnehin schon verschwimmenden Grenzen noch weiter aufzuweichen vermögen. Das neue gemeinsame Beziehungskonstrukt sollte daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Zweideutige Andeutungen wie "Wir wären ein super Paar!" oder: "Ich will nie wieder Sex mit jemand anderem haben!" können locker flockig gemeint, beim Gegenüber jedoch ganz anders ankommen. Achtsamkeit beginnt in unseren Köpfen. Sobald wir unsere Gedanken offen ausgesprochen haben, sind sie Tatsachen und können zum sprichwörtlichen rosa Elefanten werden, der den Raum um die Burg nicht wieder verlassen will.
Damit das moderne Beziehungsverständnis funktioniert, muss vor allem Ehrlichkeit großgeschrieben werden. Sobald sich einer der beiden Parts nicht mehr wohlfühlt, sollte dies auch so kommuniziert werden, und das am besten so früh wie möglich, damit der Schaden noch übersichtlich bleibt. Das große Problem an dem Regelkatalog für eine Freundschaft+ ist, dass Gefühle keinen Regeln unterliegen. Egal, wie strikt der Regelkatalog festgelegt ist, es gibt auf der Welt kein Herz, dass sich daran, wenn es um die Liebe geht, hält.
Für eine gewisse Zeit kann dieses Beziehungskonzept sicherlich für jeden das passende sein. Wer zurzeit einfach nicht auf der Suche nach den großen Gefühlen und Romantik ist, wird mit diesem Pärchen-auf-Zeitkonstrukt sicherlich seine Freude haben. Der große Schwachpunkt liegt allerdings darin, dass wir Menschen nicht bewusst steuern können, in wen wir uns verlieben - oder in wen eben nicht. Mit der gemeinsamen Zeit die man miteinander verbringt, lernt man den anderen unwillkürlich kennen, seine Macken und seine guten Seiten. Es ist in einem Großteil der Fälle fast unvermeidbar, dass sich einer der Partner verliebt - und das wird fast immer zwangsläufig in einem großen Schmerz enden. Und damit ist nicht nur der Schmerz gemeint, dass die Gefühle dem anderen gestanden werden, diese sie nicht erwidert und die Wege sich trennen. Oft wird der eine Part der Beziehung seine Gefühle für sich behalten, da dies ja offensichtlich gegen die Regeln der Freundschaft+ verstößt.Und genau damit beginnt ein Leidensweg, der für die Betroffenen äußert hart und vor allem lang sein kann. Man nimmt das Leiden wegen der nicht ausgelebten Gefühle lieber in Kauf, als den anderen - den man jetzt nunmal liebt - ganz aus seinem Leben zu verlieren. Frei nach dem Motto: Besser ein bisschen haben, als gar nichts. Bis die Hoffnung tatsächlich stirbt, können so auch schon einmal locker Jahre ins Land ziehen, in denen der verliebte Part vielleicht denjenigen verpasst, der seine Gefühle erwidern würde und eine feste Bindung sehr gerne eingehen würde. Dieser Gefahr sollte man sich, bevor man diese Art der Beziehung eingeht unbedingt bewusst sein und auch ehrlich genug zu sich selbst sein.
Tatsache ist: Wurde die Grenze zwischen Freundschaft und sexueller Beziehung einmal überschritten, sind klare Worte das Gebot der vorgerückten Stunde. Zuviel steht auf dem Spiel, das nicht unbedingt einem leidenschaftlichen Intermezzo geopfert werden muss. Sind sich beide Parteien einig, kann diese Mischform ein guter Zeitvertreib sein, bis sich am Dating-Horizont wieder ein Lichtblick zeigt. Noch besser natürlich, wenn man nach Jahren der Freundschaft das berühmte "Zoom!" entdeckt und aus besten Freunden ein vielversprechendes Paar wird. Wenn aus einem Zwischenspiel das erste Kapitel einer neuen Lovestory entsteht, steht einer Erfolgsgeschichte mit Happy End nichts mehr im Wege.
Ist man zur Kenntnis gekommen, dass die Freundschaft mit Vorzügen mehr Leiden mit sich bringt als eigentlich Vorzügen, ist das einer der eindeutigen Gründe, um Freundschaft Plus zu beenden. Man sollte Klarheit schaffen und sich vor verletzten Gefühlen und falschen Hoffnungen schützen. Wie auch jede andere Beziehung muss man Freundschaft+ respektvoll beenden. Ambesten trifft man sich mit dem Partner um diesem persönlich mitzuteilen, dass man die Freundschaft Plus beenden möchte. Beim Gespräch sollte man den Partner auch aussprechen lassen und nie den Gegenüber beleidigen. Man kann erklären, dass diese Form der Beziehungen einem nicht mehr passt, und man jetzt Distanz braucht. Auch wenn Freundschaft Plus nicht auf tiefen Gefühlen beruht, sollte man auf keinen Fall per WhatsApp-Nachricht oder übers Telefon Schluss machen. Einfach den Partner zu vermeiden oder ihn zu ghosten und sich nicht mehr zu melden - ist ein absolutes No-Go. Man sollte mit Gefühlen des anderen immer behutsam umgehen.
Schon länger ist das Thema auch in Hollywood und somit auf der Kinoleinwand angekommen. Die hübsche Mila Kunis und der schöne Justin Timberlake,ein an sich schon perfektes Hollywood Traumpärchen haben uns in dem Film mit dem englischen Originaltitel "Friends with Benefits" gezeigt, wie das neumodische Beziehungskonstrukt funktioniert - oder genau eben nicht. Denn in altbekannter Hollywoodmarnier wird das Konzept zwar dargestellt - allerdings funktioniert es hier auch nicht auf Dauer, denn wie könnte es anders sein, natürlich verlieben sich die Protagonistenineinander. Am Schluss des Film gibt es das Happy End, dass dem Zuschauer wohl suggeriert, dass Freundschaft+ nur eine Vorstufe zu der echten klassischen Beziehung ist. Im echten Leben ist dies allerdings nur in knapp 5% der Fälle zutreffend. Bei den übrigen 95% bringt das Konzeptneben kurzfristigem Schmerz vor allem eins: Großen Herzschmerz.
Schlussendlich lässt sich also festhalten, dass das Freundschaft+ Konzept in der Theorie sicherlich verlockend ist. Für kurze Zeit wird es auch bestimmt funktionieren können - langfristig wird es allerdings in der praktischen Umsetzung scheitern. Denn wie heißt es so schön, im Krieg und der Liebe gibt es keine Regeln.
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